
Neurologische Vielfalt
Die Gesellschaft definiert bestimmte kognitive Gehirnfunktionen und bestimmte soziale und sprachliche Kompetenzen als innerhalb der Norm liegend, d.h. normal (=neurotypisch). Menschen, deren Gehirn Informationen auf eine im Vergleich zur Mehrheit untypische Weise verarbeitet, werden als neurodivergent oder neurodivers bezeichnet.
Leider wird allgemein ihre Besonderheit in der Wahrnehmung gleich negativ konnotiert als „Störung“ bezeichnet: ADS/ADHS ist medizinisch betrachtet eine Verhaltensstörung, Autismus eine Entwicklungsstörung. Und recht schnell wird dieses Bild auf den ganzen Menschen übertragen: Er stört sein Umfeld.
Was aber wäre, wenn wir als Gesellschaft akzeptieren würden, dass es ganz normal ist, die Welt abweichend von der Mehrheit zu betrachten und mit ihr zu interagieren. Dass diese alternativen Formen eben nicht krank sind, sondern nur anders: Im Erleben, im Denken und im Handeln. Denn: Es gibt nicht den einen „richtigen“ Weg, die Welt zu verstehen und auch kein „besser“ oder „schlechter“. Nur weil die Mehrheit sich in ihren Wahrnehmungsformen ähnelt, ist nicht die Minderheit deswegen zu therapieren, damit sie besser zur Mehrheit passt.
Weil das aber noch nicht die allgemeine Haltung ist, ist es mir ein Anliegen, neurodivergenten Menschen den fehlenden Raum zu ersetzen, in dem sie verstanden werden. In dem sie nicht verurteilt werden, in dem sie ihre Talente entdecken können und in dem sie unterstützt werden, um zu wachsen und zu strahlen.
Fakten
- Menschen, die mit Tourette, Dyslexie und Dyskalkulie leben, werden ebenfalls dem neurodivergenten Spektrum zugeordnet. Weltweit sind 15-20% betroffen.
- Der Begriff wurde das erste Mal 1998 von der Australierin Dr. Judy Singer vorgeschlagen, die selbst Autistin ist. Als Konzept wurde Neurodiversitöt 2012 auf einem Symposium in New York beschrieben. Es besagt, dass neurobiologische Unterschiede als natürliche menschliche Veranlagungen angesehen werden und biologische Tatsache sind.
- „Die Neurodiversitätsbewegung strebt an, dass neurodivergente Menschen in ihrem individuellen und authentischer Selbstdarstellung unterstützt und gefördert werden, anstelle von Pathologisierung, Betitelung mit Störungsbildern und der Vorstellung, dass neurologische Unterschiede geheilt werden müssten.“ Zitat aus www.spektrumfrau.de
